Bleistifte gehören zu den einfachsten und gleichzeitig vielseitigsten Zeichenwerkzeugen überhaupt und sind in jedem Haushalt zu finden. Aber warum heißen Bleistifte eigentlich Bleistifte, obwohl kein Blei enthalten ist? Und was bedeuten die Zahlen und Buchstaben am Ende eines Bleistifts? Wie beeinflussen verschiedene Bleistifte eine Zeichnung und wieso kann man Bleistift-Striche oft sehr gut, aber auch nicht immer rückstandslos ausradieren? In diesem Artikel bekommst du einen Blick hinter die Bleistift-Kulissen und viele Zeichen-Tipps rund ums Thema Bleistift.
Die Geschichte des Bleistifts
Schon in der Antike wurde in grauen, metallischen Linien geschrieben und gezeichnet – damals noch mit giftigem Blei, in Form sogenannter Bleigriffel oder Bleischeiben. Seit seiner Entdeckung im 16. Jahrhundert löste Graphit das schwerer abzureibende Blei ab und man begann, Graphitstäbe in Holz einzufassen. Mit Graphit ließ sich angenehmer und sauberer schreiben, außerdem war es einfacher zu verarbeiten und bruchfester als Blei. Der Name „Bleistift“ etablierte sich trotzdem – weil damals noch davon ausgegangen wurde, dass es sich bei Graphit aufgrund seines ähnlichen Aussehens um eine Art von Blei handelte.
Die Zusammensetzung der Bleistiftmine
Die Mine heutiger Bleistifte besteht aus fein gemahlenem Graphit und Ton. Manchmal werden auch minimale Mengen von Wachs oder Öl mit verarbeitet, was dann für eine glattere Linienführung sorgt. Diese Mischung wird mit Wasser verrührt, dann getrocknet, in dünne Minen geformt, gebrannt und meistens in Holz-, manchmal auch in Kunststoffgehäuse eingefasst. Ton wird benötigt, um die Graphit-Partikel zu stabilisieren, gleichzeitig ist er auch für die Härte der Mine verantwortlich. Mehr Ton macht die Mine härter, mit weniger Ton bleibt die Mine weicher.
Bleistift-Härtegrade
Wenn du dir deinen Bleistift einmal genauer angeschaut hast, ist dir sicher aufgefallen, dass er am Ende mit einer Zahlen-Buchstaben-Kombination gekennzeichnet ist. Diese Zahlen-Buchstaben-Kombination beschreibt den Härtegrad des Bleistifts.
Bei den Buchstaben handelt es sich i.d.R. um H (= hart; engl.: hard) und B (= schwarz; engl.: black). Das H bezeichnet einen harten Bleistift und das B einen weichen Bleistift. Neben der H- und B-Bezeichnung findet man häufig auch die Zwischenstufe HB – das sind oft die Standard-Büro-Bleistifte. Seltener ist noch eine weitere Zwischenstufe mit der Kennzeichnung F (= fest; engl.: firm) zu finden. Diese ist aber recht unbekannt und spielt keine große Rolle.
Bei den Zahlen handelt es sich meistens um gerade Zweier-Abstufungen (also: 2, 4, 6, 8 usw.), die sich üblicherweise in einem Rahmen zwischen 10H (sehr hart) und 14B (sehr weich) bewegen. Je höher die Zahl desto härter bzw. weicher ist der Bleistift. Seltener gibt es auch Firmen, die Einer-Abstufungen und damit sehr feine Unterschiede in den Härtegraden der Bleistifte anbieten.

Härtegrad ist nicht gleich Härtegrad
Vergleicht man Bleistifte verschiedener Firmen miteinander, fällt auf, dass sie sich nicht unbedingt ähneln. Also: Der Bleistift 4B der Firma X ist wahrscheinlich nicht genauso weich/hart bzw. lässt sich nicht genauso dunkel/hell zeichnen, wie der Bleistift 4B der Firma Y. So bieten die Härtegrad-Angaben zwar eine Orientierung innerhalb der Bleistiftreihe einer Firma, aber nicht universell zwischen verschiedenen Firmen. Wenn du also Bleistifte verschiedener Firmen zu Hause hast, probiere vor dem Zeichnen einmal auf einem Extrapapier aus, wie sie sich verhalten. Also wie hell oder dunkel sie sich zeichnen lassen und welche reellen Härtegrade sie im Vergleich miteinander aufweisen.

Zeichen-Tipp
Um es dir leichter zu machen, die verschiedenen Abstufungen der Tonwerte möglichst realistisch in einer Zeichnung hinzubekommen, solltest du mit mindestens zwei Bleistiften zeichnen; besser noch mit drei. Trotzdem kannst du deine Zeichnung auch nur mit einem Bleistift anfertigen. Behalte dann aber im Hinterkopf, dass die Zeichnung mit einem härteren Bleistift insgesamt eher heller und mit einem weicheren Bleistift insgesamt eher dunkler wird. Das liegt daran, dass ein Bleistift je nach Härtegrad auch bei dem größtmöglichen Druck auf den Stift nur eine bestimmte Dunkelheit erreicht, bevor das Papier gesättigt ist und kein weiteres Graphit mehr aufnehmen kann.
Bleistift-Varianten
Neben den klassischen, in Holz- oder Kunststoff eingefassten Bleistiften gibt es noch eine Reihe weiterer Varianten, die in bestimmten Situationen besonders praktisch sein können. Je nach Zeichenstil, Papiergröße oder gewünschtem Effekt kann es sich lohnen, über den „normalen“ Bleistift hinaus zu experimentieren. Hier findest du einen Überblick über die gängigsten Alternativen:
- Holzlose Bleistifte: Nicht alle Bleistifte sind in Holz (oder Kunststoff) eingefasst. Manche bestehen komplett aus dem Material der Bleistiftmine, das zum Schutz meist mit einer dünnen Lackschicht überzogen ist. Sie lassen sich wie ein normaler Bleistift spitzen, können aber auch an den Seiten abgeschliffen werden, um besonders breite Striche zu erzeugen. Dadurch sind sie vielseitig einsetzbar: von feinen Linien bis zu flächigen Schattierungen.
- Graphitblöcke: Graphitblöcke ähneln vom Material her den holzlosen Bleistiften, kommen aber in einer kürzeren, dafür viel breiteren Form daher. Sie eignen sich besonders gut für sehr großflächige Zeichnungen oder für schnelle Skizzen, bei denen man breite Schattierungsflächen benötigt. Durch die größere Auflagefläche kann man sehr gleichmäßige Tonflächen erzeugen – ideal für Hintergründe oder expressive Zeichentechniken.
- Druckbleistifte: Druckbleistifte haben sehr dünne Minen, die sich durch einen Klick millimeterweise aus dem Stift herausschieben lassen. Mit ihnen lässt sich sehr fein zeichnen und das Anspitzen entfällt normalerweise. Dafür sind sie aber sehr empfindlich, brechen schnell bei zu viel Druck und es lässt sich nur schwierig flächig damit zeichnen. Auch bei Druckbleistiften sind verschiedene Härtegrade zu finden, wenn auch nicht so viele, wie bei anderen Bleistiften.

- Aquarell-Bleistifte: Diese Bleistifte enthalten wasservermalbares Graphit. Trocken verwendet erzeugen sie „ganz normale“ Bleistiftstriche mit einem feinen, metallischen Glanz. Kommt jedoch Wasser ins Spiel, verschwimmen die Linien und es entsteht ein malerischer Grauton, ähnlich wie bei einer Aquarellfarbe. Mithilfe dieser Bleistifte lassen sich Zeichnungen gezielt mit weichen Übergängen oder atmosphärischen, malerischen Effekten versehen. Besonders spannend ist, dass man auch nach dem Wässern und Trocknen noch einmal darüber zeichnen und Strukturen wieder hervorheben kann. Feine, helle Linien mit Aquarell-Bleistiften eignen sich auch gut als Vorzeichnungen für Aquarellbilder, da sich die Linien später im Wasser auflösen und so gut wie nicht mehr sichtbar sind.
- Matte Graphit-Stifte: Wenn du deine Zeichnung gerne abfotografierst oder abfilmst, ist dir bestimmt schon aufgefallen, dass das kaum möglich ist, ohne dass einige Stellen der Zeichnung je nach Lichteinfall stark reflektieren. Diese Reflexionen entstehen bei normalen Bleistiften, da die Mine glänzend ist, und stören die Tiefenwirkung und den Gesamteindruck der Zeichnung auf dem Foto oder Video. Abhilfe schaffen hier matte Graphitstifte, die einen sehr matten und schwarzen Eindruck auf dem Papier hinterlassen. Vom Zeichengefühl her unterscheiden diese matten Graphitstifte sich etwas von den „normalen“ Bleistiften. Für das matte Endergebnis lohnt es sich aber, sie einmal auszuprobieren und sich daran zu gewöhnen.
Deshalb lässt sich Bleistift radieren
Beim Zeichnen lagern sich die trockenen Graphit-Partikel an der Oberfläche der Papierfasern an. Papier ist relativ rau und die Graphit-Partikel klemmen sich zwischen den Fasern fest. Mikroskopisch gesehen sind Graphit-Partikel relativ groß und glatt und lassen sich deshalb mithilfe eines Radiergummis vergleichsweise leicht wieder vom Papier lösen. Radierer bestehen meistens aus weichem Gummi oder Kunststoff mit leicht klebriger Oberfläche. Beim Radieren lockert der Radierer zum einen die Graphit-Partikel zwischen den Papierfasern. Zum anderen bleiben die Graphit-Partikel am Radiergummi kleben und lassen sich so vom Papier abheben. Je größer der Druck war, mit dem du gezeichnet hast, desto schwerer ist es, das Graphit rückstandslos vom Papier zu radieren. Wenn du mit mehr Druck zeichnest, dringen die Graphit-Partikel tiefer zwischen die Papierfasern ein und können sich stärker verhaken. Zusätzlich wird die Papieroberfläche durch den Druck verdichtet, was bedeutet, dass die Papierfasern sich glätten. Dadurch wird das Lösen der Graphit-Partikel deutlich erschwert. Auch der Härtegrad des Bleistifts spielt eine Rolle, da weiche Minen mehr Graphit ans Papier abgeben und die gezeichnete „Schicht“ dadurch dicker wird, was das Radieren schwieriger macht.

Der Einfluss von Papier auf die Zeichnung
Glattes Papier lässt Bleistiftstriche sehr fein und gleichmäßig erscheinen, die Graphitpartikel haften aber etwas schlechter darauf, was zu leichterem Verwischen führen kann. Rauere Papiere haben eine deutlich sicht- und fühlbare Oberflächenstruktur, in der sich das Graphit gut festsetzen kann. Dadurch wirken die Striche oft satter und kräftiger, allerdings kann feines Detailzeichnen schwieriger werden.
Spitz-Techniken
Viele Bleistift-Künstler schwören auf eine sehr lange, feine Bleistiftspitze, um damit präzise Details, feine Linien und Haarstrukturen zu zeichnen. Eine solche Spitze bekommst du durch vorsichtiges Abschnitzen des Holzes mit dem Cuttermesser und gefühlvolles Schleifen der Bleistiftmine auf Schleifpapier. Neben ihren Vorteilen beim Zeichnen von Details ist eine sehr lange Spitze aber auch sehr druckempfindlich. Weniger kompliziert ist das Spitzen des Bleistifts mit einem Metall-Spitzer. Diese sind in verschiedenen Längen erhältlich, sodass deine Spitze eher länger oder auch eher kürzer angespitzt wird. Wichtig ist, den Metall-Spitzer bzw. das Messer im Spitzer ab und zu zu erneuern, um ein sanftes, gleichmäßiges Spitzen auch über längere Zeit zu ermöglichen. Der Nachteil dieser „normalen“ Bleistiftspitzen liegt darin, dass sie schneller stumpf werden und man häufiger nachspitzen muss, der Vorteil liegt darin, dass das Spitzen eine schnelle, unkomplizierte Angelegenheit ist und die Spitze nicht so empfindlich ist.

Fazit
Bleistifte sind echte Allrounder und begleiten uns oft schon von Kindesbeinen an. Wenn du ihre Eigenschaften kennst und gezielt einsetzt, kannst du mit ihnen wahre Kunstwerke erschaffen.
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